ZN 84 Interview
Bruce Dickinson
Von der eisernen Jungfrau zur chemischen Hochzeit 18.09.98, Rockfabrik Nürnberg, 21.00 Uhr. Pünktlich erscheint der Zentralnerv, in Person von Martina Gottwald und Günt Bader, in der ehemaligen Margarinefabrik zum Interview mit Bruce Dickinson. Der Meister selbst ist leider noch nicht da, dafür allerdings die argwöhnischen Augen der Security "Michelin-Männchen" der Firma Althoff. Die super netten Mitarbeiter der Promocompany Euro-Event schleusen uns an den privaten Ordnungshütern vorbei und zeigen uns den Pressebereich in dem wir auf Bruce warten sollen. Danach ist erst einmal Däumchen drehen angesagt. So gegen 21.30 Uhr ist es dann so weit, Bruce kreuzt in der Rockfabrik auf, vorangetrieben hat ihn wahrscheinlich der Hunger. Dieser wird m ittels einem riesigen Salat eliminiert (nein, Heavy Rock Sänger müssen nicht immer blutige Steaks essen, odr Ratten den Kopf abbeißen). Frisch gestärkt stand uns dann der bodenständige Ex-Iron Maiden Shouter Rede und Antwort.
ZN: Hallo Bruce. Du gehst im November mit deinem neuen Album "Chemical Wedding"
auf Tour. Welche Länder stehen auf dem Programm?
BD: Es ist eine weltweite Tour. Wir
starten in Helsinki, kommen dann nach Mitteleuropa und werden die Tournee nach
Weihnachten in Japan, Süd- und Nordamerika fortsetzen.
ZN: Pink Cream 69 ist mit euch
unterwegs. Supporten sie euch auf der gesamten Tour?
BD: Nein, sie bestreiten nur den
europäischen Teil, in Skandinavien sind sie auch nicht mit von der Partie.
ZN: Welches deiner Alben hat sich
bisher am meisten verkauft?
BD: Oh, ich sollte das eigentlich
wissen, aber...ich denke es war "Tattooed Millionaire".
ZN: Du bist schon sehr lange in diesem
harten Musikgeschäft. Wie hast du es geschafft dieses Business so lange
unbeschadet zu überdauern? Andere Musiker nehmen Drogen oder trinken sich zu
Tode, du hingegen siehst blendend aus.
BD: Danke, das ist eine Illusion! Ich
lebe sehr gerne, hatte nie irgendwelche Todessehnsüchte oder so und ich habe
keinen Appetit mich selbst zu zerstören.
ZN: Wir haben von deiner Agentur
erfahren, daß du mit dem Flugzeug hier bist und dieses selbst geflogen hast.
Wie lange fliegst du schon?
BD: Sechs Jahre. Ich bin mit einem
gemieteten Flugzeug hier. Ich nutze das Flugzeug wenn ich auf Tour bin und habe
mittlerweile 1200 Stunden Flugpraxis.
ZN: Soweit ich mich erinnere fechtest
Du sehr gerne.
BD: Richtig, wann immer ich die
Gelegenheit dazu habe, aber das ist nicht so oft der Fall seit ich Vater von
drei Kindern bin, was mir sehr viel bedeutet. Meine Freizeit ist sehr knapp
bemessen. Ich war nun drei Monate weg von zu Hause um die neue Scheibe zu
machen. Jetzt bin ich auf Promo-Tour, ich bin vielleicht, wenn ich vorsichtig
schätze, zwei Tage pro Woche daheim, was sehr hart ist.
ZN: Was heißt daheim?
BD: Ich lebe seit 18 Jahren in London
an gleicher Ort und Stelle.
ZN: Wo wurdest du geboren?
BD: In der Nähe von
Sheffield/England.
ZN: Hast du jemals Gesangsstunden
genommen?
BD: Nein, aber das bedeutet nicht, daß
ich mich nicht damit beschäftige. Natürlich habe ich mit Leuten die
Gesangsunterricht hatten darüber gesprochen. Ferner habe ich sehr viel über das
Singen gelesen und ich habe früher die Stimmen meiner Lieblingssänger genau
analysiert.
ZN: Und wer sind deine Lieblingssänger?
BD: Oh, es gibt sehr viele Sänger die
mir gefallen, z.B. Arthur Brown, Ian Gillan, Paul Rodgers oder Robert Plant. Als
ich zu singen begann habe ich natürlich versucht diese Sänger zu kopieren und
ich denke diese Sänger beeinflussen noch heute alle Rocksänger in irgendeiner
Weise.
ZN: Wie ist es für dich heute wenn du
eines deiner früheren Vorbilder triffst?
BD: Nun, ich bin nicht sprachlos oder
so wenn ich Gillan oder Plant treffe. Ich habe im Laufe der Jahre meinen
eigenen Stil entwickelt und meine eigene Identität gefunden. Ich mache eben
mein Ding.
ZN: Kannst du eigentlich Noten oder wie
komponierst du?
BD: Nein, ich kann überhaupt keine
Noten. Ich behalte Melodien im Kopf und sobald ich dazu einen Text habe
vergesse ich diese auch nicht mehr. Dann singe ich die Idee der Band vor, damit
die sich ein Bild machen kann, und dann gehen wir ins Studio und nehmen die
ganze Sache erst mal auf.
ZN: Was hast du eigentlich getrieben
bevor du berühmt warst?
BD: Ich habe Geschichte studiert und
dieses Studium abgeschlossen.
ZN: In einer Pressemitteilung habe ich
gelesen, das du jetzt deine eigene Plattenfirma gegründet hast.
BD: Richtig. Air Raid Records. Alle
Firmen bei denen ich bis jetzt war, waren in irgend einer Weise scheiße. Als
meine letzte Plattenfirma dann plötzlich finanzielle Probleme hatte, sah ich
die Zeit als gekommen das Ding selbst in die Hand zu nehmen.
ZN: Haben nun andere Bands auch die
Chance bei dir unter Vertrag genommen zu werden?
BD: Möglicherweise.
ZN: Welche Voraussetzungen muß eine
Band erfüllen um bei dir einen Deal zu bekommen?
BD: Die Musik der Band muß mir die Nackenhaare aufstellen. Die Band muß also so geil sein, daß ich mir denke, dern Platte muß ich mir unbedingt kaufen. Aber davon gibt es nicht viele.
ZN: Welche Platten hast du dir in
letzter Zeit zugelegt?
BD: Die neue Garbage, die neue Monster
Magnet sowie die akustische Mittelalterscheibe von Ritchie Blackmore.
ZN: Soweit ich weiß, ist Ritchie mit
dem Album gerade auf Tour.
BD: Was, in Deutschland, in der Nähe? Ich
muß dahin! Ich zahle sogar Eintritt! Spielt er heute Abend?
ZN: Wir wissen den genauen Termin
nicht.
BD: Ich muß das sehen! Es ist ein
wundervolles Album.
ZN: Was hat sich für dich seit deinem
Ausstieg bei Iron Maiden geändert?
BD: Ich versuche das Gefolge so klein
wie möglich zu halten, denn ich vertrage es nicht Millionen von Leuten um mich
zu haben die mir erzählen wie toll ich bin und all diesen Bullshit. Ich liebe
es die Dinge klein, kompakt und kraftvoll zu halten, obwohl dies natürlich
weniger Sicherheit bedeutet. Maiden ist ein großes Stück Sicherheit. Man kann
sich hinter Iron Maiden verstecken. Aber ich kann mich hinter niemand
verstecken und schon gar nicht hinter meinem eigenen Namen. Alles was zählt ist
eine gute Platte zu machen sonst geht es mir nicht gut.
ZN: Wenn du auf die Bühne gehst, bist
du dann immer noch nervös?
BD: Ja, ab und an. Was ich mag, ist
dieses Gefühl direkt vor dem Auftritt. Ich kann es manchmal kaum erwarten die
Bühne zu betreten.
ZN:
Bekommst du, wenn du auf Tour bist, überhaupt etwas von den Städten mit in
denen du auftrittst?
BD: Ja,
natürlich. Ich habe sogar eine Weile in Deutschland gelebt.
ZN: Und wo?
BD: In Bonn und in München, ich hatte
dort Freundinnen. Leider spreche ich kaum deutsch, da viele Menschen in diesem
Land die englische Sprache gut beherrschen. So war ich nie gezwungen deutsch zu
sprechen.
ZN: Ist dein Song "Tattoed
Millionaire" eine Anspielung auf deine ehemaligen Bandkollegen von Iron
Maiden?
BD: Nein, überhaupt nicht, diese
Nummer ist Axl Rose gewidmet. Er ist ein A...
ZN: Warum?
BD: Ich habe noch nie einen so
selbstsüchtigen und rücksichtslosen Menschen kennengelernt wie ihn.
ZN: Bruce, wir danken dir für das
Gespräch.